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Entschuldigung – ich habe auch noch ein eigenes Leben!

Eigenes Leben?

Es ist in jedem Jahr das Gleiche, kurz vor Weihnachten und kurz vor den Ferien geht es los. Kuchen backen, Danksagungen verfassen, Geschenke basteln oder finanzieren.

Denn dann ist es Zeit, „danke“ zu sagen. Danke an die ErzieherInnen, LehrerInnen, Trainer und Trainerinnen, die sich liebevoll um unseren Nachwuchs kümmern. Teilweise sogar ehrenamtlich.

Außerdem stehen Abschiedsfeste und Turniere auf dem Programm, für die Verpflegung her muss. Kuchen, Laugen-Brezen, Brötchen – auch hier bemühe ich mich stets, meinen Teil zum jeweiligen Buffet beizutragen.

Einigermaßen flexible Arbeitszeiten

Nun ist es allerdings nicht so, dass ich mich hauptberuflich um erforderliche Bastelarbeiten oder besagte Beiträge zur Verpflegung kümmern könnte.

Ich gebe an dieser Stelle einfach mal einen kleinen Einblick in unser Familien- und mein Arbeitsleben. Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich mit der Gesamtsituation sehr zufrieden bin. Als freie Journalistin, Autorin und Bloggerin, bin ich einigermaßen flexibel, was die Arbeitszeiten angeht. Zwei bis drei ganze Tage in der Woche arbeite ich in einem großen Verlagshaus. Das bedeutet, dass ich um 9 Uhr das Haus verlasse und manchmal erst gegen 20 Uhr wieder dort eintreffe.

Zum Glück sind meine kleinen Menschen mit 10 und 7 Jahren schon ziemlich groß und müssen nicht mehr so wahnsinnig früh ins Bett. Wenn ich in einer Redaktion arbeite, sind sie am Nachmittag bei ihrem Papa, der ganz in der Nähe wohnt und als selbstständiger Handwerker relativ früh Feierabend machen kann.

Ein Hoch auf den Hort

Nach der Schule gehen sie allerdings erstmal in den Hort. Dort essen sie Mittag, erledigen ihre Hausaufgaben, spielen und haben Spaß. Dieser Hort ist ein wunderbarer Ort. Jede einzelne Erzieherin dort liebt ihren Job und die Atmosphäre ist sehr liebevoll. Um 16 Uhr ist im Hort Feierabend.

Wenn ich von zu Hause aus arbeite, was logischerweise ebenfalls zwei bis drei Tage pro Woche der Fall ist, kommen sie aus dem Hort nach Hause, manchmal auch schon früher, damit wir ein bisschen mehr Zeit gemeinsam verbringen können. Oder aber Termine erledigen: Zahnarzt, Kieferorthopäde, Tanzen, Fußball – irgendwas ist halt immer.

Nun sind meine Arbeitszeiten zwar flexibel, das bedeutet aber auch, dass ich ganz flexibel oft noch am Abend oder am Wochenende schreibe, recherchiere oder blogge. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich tue das gern und ich mag meinen Job. Aber natürlich sind wir auch auf das Geld angewiesen, das er in die Familienkasse spült.

Ein Blümchen hier, fünf Euro da …

Auch damit, wie wir unseren Alltag organisiert haben, bin ich sehr zufrieden. Nicht nur die Absprache mit dem Papa klappt hervorragend. Wir haben auch ein tolles Netzwerk von Freunden und Bekannten, zu denen die Kinder gern gehen und die auch mal spontan aushelfen, wenn eine Betreuungslücke entsteht. Andersrum läuft es natürlich auch genauso. Manchmal habe ich hier vier Kinder, dann wieder gar keins. Alles ganz wunderbar.

Doch nun zurück zu dieser speziellen Situation kurz vor den Ferien. In den letzten zwei bis drei Wochen vor den großen Ferien (Weihnachten ebenso), trudeln beinahe täglich Wünsche und Aufforderungen ein, wie wir – gemeint bin damit oftmals ich – uns an Geschenken und Buffets beteiligen können. Da gibt es viele schöne Aktionen. Manchmal müssen die Kinder eine Blume aus dem eigenen Garten mitbringen und die Lehrerin bekommt einen Sommerblumenstrauß überreicht. Ein andermal werden 5 Euro eingesammelt, damit gestresste Erzieherinnen sich mal einen Tag im Wellness-Tempel gönnen können. Finde ich alles gut, bin ich immer gern dabei.

Nun allerdings kam kürzlich eine Aufforderung der speziellen Art ins Haus geflattert. Ich zitiere:

Aufforderung Fahne„Das am 24.6.2014 zusammen gekommene Abschluss-Komitee hat sich überlegt, dass die Kinder kleine Fahnen im Stil der tibetischen Gebetsflaggen anfertigen, die dann auf eine Leine gezogen werden und im Hort aufgehängt werden können. Jedes Kind möge bitte selber eine Fahne (Größe 20 cm x 20 cm) anfertigen, wobei der Kreativität in der Auswahl von Stoff, Bemalung oder Gestaltung keine Grenzen gesetzt ist … Denkt bitte daran, dass oben an der Fahne eine kleine Naht angefügt wird, an der das Seil durchgezogen werden kann, oder dass oben 3 Löcher eingestochen werden.“

Ich kann und möchte nicht nähen

Äh, ja – ich weiß ja nicht, wie es euch geht, ich habe das Ganze jedenfalls dreimal lesen müssen. Nicht wegen der Fehlerchen, die sich eingeschlichen haben. Nein, damit hätte ich gut leben können.

Aber ich konnte (und kann) es einfach nicht glauben, dass sich da ein Komitee aus mehreren Menschen zusammengefunden und derartig großzügig über meine Zeit verfügt hatte. Es macht mich sogar ziemlich wütend. Denn: so gern ich helfe, Lehrerinnen, Trainern, Erzieherinnen ein kleines Geschenk zu machen – meine Zeit ist begrenzt.

Abgesehen davon habe ich keinerlei Interesse an Handarbeiten und Basteln. Ich möchte gar nicht nähen und klöppeln und häkeln und stricken. Eine solche Fahne zu fertigen kann in Abwesenheit von Talent und Können schon ein paar Stunden Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, die ich nicht habe und nicht investieren will.

Ein trauriges Kind, das als einziges keinen Abschieds-Wimpel im Tibet-Style beisteuert, möchte ich aber natürlich auch nicht.

Rettung und Showdown

Die fertige FahneNun haben wir tatsächlich eine Oma, die ganz hervorragend nähen kann und sicher auch gern geholfen hätte. Allerdings lebt sie etwas weiter weg und der Abgabetermin für das Kunstwerk war für Hilfe von dieser Seite einfach zu knapp kalkuliert. Natürlich fand sich trotzdem eine Lösung. Die Oma eines Klassenkameraden war so lieb, auch meiner Tochter eine kleine Fahne zu nähen. Glück gehabt.

Trotzdem konnte ich mir nicht verkneifen, meine Meinung zu der Aktion beim Sommerfest des Hortes (Muffins beigesteuert), zum Ausdruck zu bringen. Und das mit ziemlich deutlichen Worten. Den ratlos bis entgeisterten Gesichtsausdruck der Mutter (Komitee-Mitglied), die meine Meinung frontal abbekam, werde ich sicher nicht so bald vergessen.

Ich sagte Dinge wie: „Wenn alle auf die Idee kommen, aufwändige Handarbeiten verschenken zu wollen, bin ich bei zwei Kindern eine ganze Woche durchgehend mit Basteln und Nähen beschäftigt. Ich MÖCHTE das nicht!“

Sie stammelte: „Du hättest gern an der Sitzung teilnehmen können, auf der das beschlossen wurde.“

Meine Antwort: „Ich habe auch keine Zeit und kein Interesse an solchen Sitzungen (grrrr).“

Sie merken schon: Wir kamen da nicht so recht auf einen Nenner. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr Verständnis für meinen „Egoismus“ sich in extrem überschaubaren Grenzen hält.

Aber wissen Sie was? Das ist mir egal! Ich musste das einfach mal sagen, es wollte raus aus meinem System. Und vielleicht erspare ich ja irgendjemandem da draußen in der Zukunft eine ähnliche Situation, weil vielleicht doch jemand über meine Worte nachdenkt.

Die ist unser Beitrag zur Blogparade über Vereinbarkeit: http://www.vereinbarkeitsblog.de/vereinbarkeitsgeschichten/

eigenes Leben

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7 Kommentare

  1. Avatar-Foto
    Ivonne Heil sagt

    Auch wenn ich nähen und basteln kann, aber bei 3 Kindern und (Halbtags-)Job möchte ich auch nicht, dass jemand so über meine Zeit verfügt. Gott sei Dank kam bei uns noch kein Elternbeirat auf solch eine Idee ;)

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      Ivonne Heil sagt

      Heike Lorenz Ja, und da bin ich sehr froh drüber :D Ich bin aber auch so ein Mensch, der bei solchen Sachen den Mund aufmacht ;) ;)

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    Andrea Kai sagt

    Ich habe drei Kinder und einen Vollzeit-Job und ich verstehe das total!

  3. Avatar-Foto

    […] Zum Abschluss verrate ich euch aber auch noch ein Geheimnis. Es kommt nämlich ab- und zu durchaus vor, dass auch ich mal über Sachen schreibe, die ich sch… finde. Die Sache mit den Hackern kürzlich zum Beispiel. Manchmal lagere ich solche Themen aber auch einfach aus. Zum Beispiel ins Elternhandbuch, da werde ich auch schon mal etwas deutlicher. So geschehen bei dieser Geschichte. […]

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