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Kinder oder keine Kinder – Wer ist hier der Egoist?

Kinderlosigkeit

„Wer keine Kinder hat, ist doch ein Egoist und zu selbstsüchtig, seine eigenen Belange mal zurückzustellen!“ – Bäm! Ein Satz wie eine Ohrfeige.

Es folgte betretenes Schweigen und Sprachlosigkeit. Nur die Frau, die ihn mal eben so einer kinderlosen Enddreißigerin an den Kopf geknallt hatte, lehnte sich selbstgefällig zurück und schien auf Beifall zu warten. Sie war um die 60, Mutter zweier erwachsener Kinder und offensichtlich der Meinung, allein dieser Umstand gäbe ihr das Recht, über alle kinderlosen Frauen zu urteilen.

Ein Sonderfall?

Nun könnte man meinen, sie sei eine Ausnahme, vielleicht ein besonders verbohrtes Exemplar der verbitterten, älteren Frau. Das ist möglich. Doch leider gibt es in unserem Land unglaublich viele Menschen, die solche oder ähnliche Sätze absondern.

Besteht noch die Chance darauf, diesen Zustand zu ändern, wird gedrängelt und gefragt, wann es denn endlich soweit sei. So ab 40, spätestens 45, gelten Frauen dann als bevölkerungspolitische Blindgänger, rücksichtslose Karriereweiber oder ganz einfach Egoisten, denen ihre teuren Schuhe und die Urlaube auf den Malediven wichtiger sind als die Erhaltung unserer Art.

Die Gründe für Kinderlosigkeit sind vielfältig

Nun habe ich eine Reihe von Freundinnen, die keine Kinder haben. Einige haben einfach nie den passenden Vater für ihre Kinder kennengelernt, andere können keine bekommen und – ja – es gibt auch Frauen, die keine Kinder wollen. Weil ihnen die Verantwortung Angst macht oder weil sie es sich einfach nicht vorstellen können, selbst Kinder zu haben.

Eines kann ich mit Sicherheit sagen: Egoistisch sind meine kinderlosen Freundinnen deshalb ganz sicher nicht. Ganz im Gegenteil: Jede einzelne von ihnen hat viele Stunden damit verbracht, über das Thema Familie nachzudenken. Und ich muss sagen, ich finde es oft weit verantwortungsbewusster, keine Kinder zu bekommen, als das, was ich mal „Fortpflanzung um jeden Preis“ nenne.

Fortpflanzung um jeden Preis …

Wie viele Frauen setzen ab einem bestimmten Alter alles daran, endlich schwanger zu werden? Egal, ob sie zum Beispiel einen Vater für ihre Kinder haben oder auch nur annähernd mit sich selbst zurechtkommen. Stattdessen hoffen oder glauben sie, mit einem Kind wäre da endlich jemand, der sie bedingungslos liebt, mit einem Kind würde endlich alles gut werden.

DAS finde ich egoistisch. So funktioniert das nämlich leider nicht.

Wer ein Kind bekommt übernimmt die Verantwortung dafür, diesen kleinen Menschen glücklich zu machen, nicht andersherum.

Und deshalb stellt sich mir immer wieder die Frage: Wer ist hier eigentlich der Egoist? Die kinderlose Frau um die 50, die gern Mutter geworden wäre, aber nie den richtigen Partner dafür gefunden hat, die 40-Jährige, die keine eigenen Kinder hat, weil sie großen Respekt vor der Verantwortung hat. Oder die Frau, die Kinder in die Welt gesetzt hat, weil sie glaubt, damit würden sich endlich ihre eigenen Probleme in Luft auflösen?

Kinderlosigkeit

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von

Die Stroscheins

Ist freie Journalistin in Hamburg und arbeitet für verschiedene Zeitschriften großer Verlagshäuser wie z.B. HÖRZU. Nic mag ihren Job und liebt Geschichten über Menschen aller Art. Auf ihrem Blog NicMag.de gibt sie diesen Geschichten virtuell Raum.

5 Kommentare

  1. Avatar-Foto

    Hallo Nicole,

    gute Auseinandersetzung mit einem heiklen Thema. Das muss jede Frau für sich und mit dem Partner entscheiden , ob Kinder gewünscht sind oder nicht, und andere haben das zu akzeptieren. Als Außenstehender weiß man sowieso nicht, was konkret dahinter steckt, wenn keine Kinder da sind.
    Dann muss man auch bedenken, dass es uns Frauen nicht gerade einfach gemacht wird, Haushalt, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen. Nicht jede Familie hat die Großeltern in der Nähe und die Betreuungsmöglichkeiten bei uns sind auch nicht ausreichend oder für manche nicht finanzierbar.

    Viele Grüße
    Claudia

    • Die Stroscheins

      Vielen Dank für deine Gedanken zu diesem Thema, liebe Claudia. Es brannte mir schon lange unter den Nägeln. Weil es schon recht dreist ist, wie Kinderlose teilweise behandelt werden. Lieben Gruß Nicole

  2. Avatar-Foto

    Hallo, das ist echt ein heißes Thema. Ich finde, auch Egoismus wäre als Grund, keine Kinder zubekommen, gerechtfertigt. Ich finde es schrecklich, wenn sich Frauen aufgrund der gesellschaftlichen Norm unter Druck gesetzt fühlen und dann später unglücklich sind. Das ist weder für die Frau, noch für das Kind gut.

    Allerdings kann ich jeder Frau empfehlen, sich gut damit auseinander zu setzen, nicht dass mit 50 das Erwachen kommt, und man feststellt, dass man doch lieber Kinder gehabt hätte. Aber es ist eine persönliche Entscheidung, die jedes Paar selbst treffen muss. Und zwar ohne Druck. Und am allerschlimmsten finde ich stichelnde Kommentare wenn eine Frau Ü35 noch kein Kind hat. Ich kenne einige, die gerne welche hätten, und denen diese Sticheleien richtig weh tun.

    Leben und leben lassen.
    Und es gibt einfach keine Einheitslösung, die für jeden Typ Frau richtig ist :-)
    Daher finde ich den Artikel gut, und hoffe, dass er einige aufweckt.

    Ciao, Mirjam

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