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Die Sache mit dem Sponsorenlauf

Sponsorenlauf

Die ordnungsgemäße Aufzucht junger Menschen ist nicht unbedingt ein günstiges Unterfangen, soviel ist wohl jedem bekannt. Das statistische Bundesamt überschlägt die Kosten bis zum 18. Geburtstag mit schlappen 130.000 Euro pro Kind.

Klamotten, Wohnen, Ernährung, Hobbies, Taschengeld – das sind Punkte, die auch kinderlosen Menschen klar sind. Eine andere Sache sind Ausgaben, die man vor der Geburt vermutlich nicht so auf der Pfanne hat und die sich zudem auch sehr kreativ gestalten, um es mal vorsichtig zu formulieren.

Zum Beispiel der Sponsorenlauf!

Sponsorenlauf – was ist das denn?

Ihr habt noch nie davon gehört? Freut euch, denn so ein Sponsorenlauf kann ein tückisches Ding sein.

Mir begegnete der Begriff erstmals, als meine Tochter in der 1. Klasse war. Eines Tages legte sie uns diese Karte vor, auf der genau stand, worum es geht:

  • An einem bestimmten Tag sollten die Kinder in einer bestimmten (wenn auch nicht näher definierten) Zeit, festgelegte Runden laufen. Damals waren 400 m pro Runde angekündigt, meine ich zu erinnern.
  • Großzügige Sponsoren aus dem Umfeld des Kindes sollten vor dem Lauf angeben, welche Summe sie pro Runde zu spenden bereit wären.
  • Das gespendete Geld käme dann einem, bzw. mehreren, guten Zwecken zu. Hier z. B. der Partnerschule in Tansania und dem Schulverein.

So weit, so gut! Wer würde nicht Gutes tun und so das Kind zu Bewegung für den edlen Zweck motivieren wollen.

Das erste Mal

Im ersten Jahr fanden sich bei uns drei Sponsoren, die sich zu Spenden von einem oder zwei Euro pro Runde bereit erklärten. Niemand erwartete, dass mehr als drei oder vier Runden zusammen kommen würden. Doch wir sollten uns täuschen.

Am Tag des Sponsorenlaufs kam Luzie freudestrahlend nach Hause und präsentierte die Karte, auf der vermerkt stand, sie sei 18 (in Worten: ACHTZEHN) Runden gelaufen.

Ja, hoppla!

18 x 400 m … Moment, das sind 7,2 km. Ein sechsjähriges Mädchen in … ja, in welcher Zeit denn eigentlich? 1 Schulstunde oder gar 2? Wir fanden es nicht heraus.

Aber immerhin gab es eine Notiz auf der Karte: Der Lauf habe verlegt werden müssen und deshalb wären die Runden kürzer gewesen. Jeder solle nur so viel geben, wie er mag.

Puh, Erleichterung. Immerhin wäre für die Familie ein Sümmchen von 72 Euro zusammengekommen. Natürlich kann man das mal für einen guten Zweck spenden, aber dafür muss das Geld ja auch übrig sein, sag ich mal vorsichtig.

Der Sponsorenlauf im Wandel der Zeiten

Inzwischen sind wir in der Zeitrechnung etwa 7 Jahre weiter, meine Tochter hat die Grundschule längst verlassen, ihr Bruder liegt dort in den letzten Zügen.

Wir sind im Laufe der Jahre klüger und vorsichtiger geworden. Beim letzten Sponsorenlauf erklärte ich mich bereit, 25 Cent pro Runde zu spenden. Großeltern, Tanten, Onkel und andere Bekannte fragen wir nicht mehr, ob sie dabei sein möchten.

Das mag jetzt etwas abgestumpft wirken. Aber irgendwie war die Luft schon im 2. Jahr raus.

Da nahmen wir noch an, die Runden würden diesmal den Vorgaben entsprechen … und wurden wieder von der enormen Leistungsfähigkeit dieser kleinen Kinder überrascht.

Entweder müssen die alle vom Deutschen Leichtathletik Verband unter Vertrag genommen werden – und zwar zackig – oder aber die Aufsichtspersonen brauchen Nachhilfe in Sachen Mathematik. Sei es beim Ausmessen der Strecke, beim Zählen der Runden oder oder oder.

Sponsorenlauf – och nö!

SponsorenlaufVersteht mich nicht falsch. Ich finde es durchaus sinnvoll, für einen guten Zweck zu spenden. Und ich finde es auch schön, wenn Menschen sich dafür sportlich betätigen. Aber irgendwie wäre es mir inzwischen lieber, die Schule würde das nicht mehr miteinander verknüpfen.

Beim diesjährigen Lauf betrug die Länge einer Runde ca. (!) 250 m. Ca. ermöglicht natürlich einiges an Spielraum. In welcher Zeit der Lauf zu absolvieren sei, stand nicht dabei.

Nun, mein Sohn sagt, er sei 32 Runden gelaufen, ein Klassenkamerad hätte die Zahl allerdings falsch notiert, sodass es offiziell nur 25 Runden sind. Der beste aller Viertklässler habe sogar 52 Runden geschafft …

Fassen wir also zusammen:

Offiziell ist mein Sohn 6 250 m gelaufen – nicht schlecht, wenn es denn so war.

Nach seiner Aussage waren es 8 000 m und der kleine Leistungssportler hat gar 13 000 m zurückgelegt. Wir werden nicht erfahren, wie es wirklich war, vielleicht sehe ich das auch alles etwas zu eng.

Immerhin war ich klug genug, mich vor größeren, finanziellen Schäden zu schützen. Ich spendete 6,25 Euro. Ob die nun – gemeinsam mit den anderen Sponsorengeldern – der letzten Jahre, auf die 130 000 Euro bis zum 18. Geburtstag noch draufkommen oder schon inbegriffen sind, lassen wir auch mal dahingestellt.

Fakt ist: Ich bin froh, wenn diese Veranstaltung irgendwann nicht mehr jährlich wiederkehrt. Man muss nicht jedem Sponsoren hinterherlaufen, oder so …

Sponsorenlauf

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Die Stroscheins

Ist freie Journalistin in Hamburg und arbeitet für verschiedene Zeitschriften großer Verlagshäuser wie z.B. HÖRZU. Nic mag ihren Job und liebt Geschichten über Menschen aller Art. Auf ihrem Blog NicMag.de gibt sie diesen Geschichten virtuell Raum.

2 Kommentare

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    Sveta sagt

    Im Internet suche ich nach den Ratschlägen, wie ich mich von diesem psychischen Druck -“ Sponsorenlauf“ befreie. Ich würde freiwillig nicht teilnehmen. Fülle mich aber moralisch erpresst seitens Organisatoren. EUR 0,20 pro Runde trage ich in den Zettel. :-((

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    jumper2365 sagt

    Der Beitrag spricht mir aus der Seele. Irgendwie finde ich das Konzept des Sponsorenlaufes nicht gut. Alle mir bekannten Eltern sind von dem Konzept genervt. Generell geben alle nur Pauschalbeträge, weil sich die Veranstalter gerne zu Gunsten höherer Rundenzahlen verzählen. :(

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