Oft totgesagt, immer noch lebendig – und seit ein deutsch-türkischer Rapper sie trägt, neuerdings auch wieder cool: Rollschuhe.
Der Charme von Apache 207 erschließt sich nicht jedem Ü40-Elternteil auf den ersten Blick. Deutschsprachiger Mainstream-Rap mit Gangsta-Attitüde, also der HipHop-Unterabteilung, in der Frauen und Mädchen „Bitches“ sind, die ihr Lebensglück in „rosa, lila, Gold und Glitzer“ zusammenfassen. Der Alptraum kommunaler Gleichstellungsbeauftragtinnen.
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Gangsta, der kein Gangster ist
Es ist komplizierter. Volkan Yaman, so heißt der deutsche Rapper mit türkischen Wurzeln wirklich, ist nämlich gar kein Gangster und war das auch noch nie. Statt Crackdealen mit 15 und Hauptschulabschluss im zweiten Bildungsweg, Abi in Ludwigshafen am Rhein und zwei Semester Jura.
Apache 207, Jahrgang 1997, also ein Jahr nachdem der echte Ghetto-Rapper Tupac Shakur aka 2Pac auf der East Flamingo Road in Las Vegas in seinem 750er BMW im zarten Alter von 25 Jahren mit mehreren Kugeln tödlich verletzt wurde.
Heiligsprechung der Quads
Sollte der eigene Nachwuchs Apache 207 in Dauerschleife sehen und hören, besteht trotzdem nicht zwingend die Gefahr einer kriminellen Karriere. Wer zweimal mitschaut, wird schnell erkennen, dass Volkan Yaman sich cool-komisch inszeniert.
Und dazu machte Apache 207 in dem Video „Kein Problem“, mit dem er im April 2019 den Durchbruch schaffte, ein Accessoire zum zweiten Hauptdarsteller, das bislang keine große Rolle bei den bösen Jungs spielte: Rollschuhe, Roller Skates oder Quads.
Natürlich kein Nullachtfünfzehn-Modell. Der YouTube-tauglich durchgestylte Rapper zaubert glitzernd-goldfarbene Quads aus dem Kofferraum seiner schwarzen Mercedes-Limousine mit Ludwigshafener Kennzeichen. Und cruist dann stolz – wenn auch etwas hüftsteif – durch Unterführungen und den Regen. Auf knapp 40 Millionen Views (Stand Januar 2021) hat er es damit gebracht.
Funken sprühen auch in Bochum
Wenn die Glitzer-Quads, wie in Apaches Video, auch noch Funken sprühen, ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zum „Starlight Express“, dem Rollschuh-Musical, das seit 1988 schon mehr als 17 Millionen Besucher allein in Bochum gesehen haben.
„Starlight Express“ von Andrew Lloyd Webber stammt noch aus einer Zeit, in der es zwar schon mehrere Versuche gegeben hatte, zwei oder vier Rollen „einspurig“ anzuordnen, Inline Skates fristeten aber trotzdem nur ein Nischendasein, als das Musical 1984 in London uraufgeführt wurde. Das sollte sich bald ändern, und Roller Skates waren so was von Achtziger. Die Oase „Starlight Express“ natürlich ausgenommen.
Motorroller mit Beifahrer-Barbie
Mut zur Lücke und ein gutes Gespür für Zeitgeist bewies Apache 207 auch in seinem ersten Nummer 1-Hit „Roller“.
In einer Zeit, in der Greta noch das Thema setzte und kein Mensch an Corona dachte, posierte der Ludwigshafener Ghetto-King auf einem kleinen Motorroller, statt auf einer Harley oder einer japanischen 100-plus-PS-Rennmaschine.
Ein Video, das den PS-Kult großartig vorführt – inklusive rosa Beifahrer-Barbie.
Parodie zur Persiflage
Die Parodie zur Persiflage lieferte kurz darauf der deutsch-österreichische Komiker Phil Laude mit „Apache 207 – Roller (Parodie)“. Bei Laude gibt es einen weiteren Downgrade – vom Motorroller zum E-Scooter.
Die goldenen Quads aber sind seit ihrer Premiere das Markenzeichen von Apache 207. Vielleicht findet er in Zukunft Zeit, an bisschen an seiner Fahrtechnik mit den Quads zu feilen. Denn rhythmische Moves im Hüftbereich sind und bleiben im Gangsta-Rap wahrscheinlich immer unerlässlich.
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