„Ich habe es nie jemandem erzählt.“
„Die Frage nach Schuldgefühlen habe ich mir gar nicht gestellt.“
„Dieses Geheimnis belastet unsere Familie immer noch mit einer großen Scham.“
„Ich habe mit meiner Mutter bis heute nicht darüber geredet. Ich wollte mit meinen Eltern auch nicht darüber reden“.
Vier Frauen, die offen darüber sprechen, dass sie sich für eine Abtreibung entschieden haben und vor allem, wie diese Entscheidung ihr weiteres Leben beeinflusst hat. Sie alle erzählen ihre Geschichte im Dokumentarfilm „Tabu Abtreibung“, den arte am 17. März 2015 um 22.40 Uhr ausstrahlte. Entstanden ist der Film von Renate Günther-Greene, nachdem sie selbst sich mit einem Schwangerschafts-Abbruch auseinandersetzte, der 40 Jahre zurück lag – und sie dennoch wieder einholte.
Inhalt
100 000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland
Auch wenn Abtreibungen mittlerweile völlig legal sind: Es ist eines der letzten großen gesellschaftlichen Tabus. Über 100 000 Frauen treiben jährlich in Deutschland ab. Die Dunkelziffer wird deutlich höher eingeschätzt und es wird vermutet, dass mindestens jede fünfte Frau einmal in ihrem Leben diesen Eingriff vornehmen lässt.
Ein Teil dieser Frauen bewältigt die seelischen Folgen, aber nicht wenige leiden unter Schuldgefühlen und Bestrafungsängsten, andere sogar unter posttraumatischen Belastungsstörungen, wie die Trauma-Therapeutin Dr. Pokropp-Hippen im Film erklärt: „Es wird geschätzt, dass von zehn Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, nur zwei Frauen symptomfrei bleiben. Circa zwei bis vier Frauen entwickeln eine wirkliche Erkrankung wie Depressionen oder Angsterkrankungen.”
Mehr Zeit, mehr Unterstützung
Die Gespräche im Film zeigen auf, dass zwei der Frauen gewünscht hätten, sich mehr Zeit zur Entscheidungsfindung genommen zu haben. Und dass sie sich von ihrer Umgebung anstatt Neutralität mehr Unterstützung erhofft hätten. Für viele Frauen gibt es diesen Moment nach der Abtreibung, in dem sie ihr Baby personalisieren und dadurch große Trauer und Schuld empfinden. Gefühle, für die kein Raum da ist, denn oft schämen sich die Frauen – und professionelle Beratungsangebote sind rar.
Für andere Frauen ist es leichter. Sie haben sich ganz bewusst für ihre manchmal mehrfachen Abtreibungen entschieden und sind der Überzeugung, dass eine Schwangerschaft eine Option auf Leben ist. Und vor allem darauf, dass Kinder in eine Umgebung geboren werden sollten, die sie willkommen aufnimmt und gut behandelt.
Jede Frau hat ihre eigene Geschichte
Die Dokumentation möchte eine neue Perspektive in die Diskussion einbringen, Raum schaffen, in dem betroffene Frauen nach einer Abtreibung ihre Gefühle teilen können. In einer offenen Gesellschaft sollten Frauen über Abtreibung reden können, ohne gleich schwarz oder weiß abgestempelt zu werden.
Die Gespräche mit den betroffenen Frauen öffnen eine Tür zu einer geheimen Welt aus Schuld, Scham und Angst. Dabei stellt der Film stellt keine Wertung dar. Es gibt keine einzelne Wahrheit. Kein Gut oder Böse. Kein Richtig oder Falsch. Aber es gibt unzählige Einzelschicksale, tief verborgene Geheimnisse, die mehr als 20 Jahre nach der Streichung des Paragraf 218 durch das Bundesverfassungsgericht, nach und nach an die Oberfläche kommen.
Links zum Thema:
- http://www.arte.tv/de
- https://www.awo.de/schwangerschafts-konfliktberatung
- https://www.familienplanung.de/beratung/schwangerschaftsabbruch/der-beratungsschein/
Foto: Syda Productions / shutterstock.com
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