Gastbeitrag von Rechtsanwalt Niklas Clamann
Eine Trennung oder Scheidung ist nicht nur ein emotionaler Umbruch, sondern bringt auch tiefgreifende finanzielle Folgen mit sich. Wer sich vor oder während der Ehe mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzt, kann spätere Konflikte vermeiden und die eigene wirtschaftliche Existenz besser schützen.
Dieser Beitrag zeigt, welche finanziellen Regelungen im Scheidungsfall greifen und wie man sich durch kluge Planung frühzeitig absichern kann.
Inhalt
- 1. Der Versorgungsausgleich: Rentenansprüche werden geteilt
- 2. Der Zugewinnausgleich: Was passiert mit Vermögen und Investments?
- 3. Unterhaltspflichten: Wer zahlt wem Unterhalt – und wie lange?
- 4. Ehevertrag: Frühzeitig vorsorgen statt später streiten
- 5. Praxistipp: Vermögen trennen, Streit vermeiden
- Klare Regeln sorgen für finanzielle Sicherheit
1. Der Versorgungsausgleich: Rentenansprüche werden geteilt
In Deutschland wird bei jeder Scheidung automatisch der sogenannte Versorgungsausgleich durchgeführt sofern mindestens ein Ehepartner deutscher Staatsbürger ist und die Ehe über eine Dauer von mindestens drei Jahren bestanden hat. Ziel des Versorgungsausgleichs ist es, die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche gerecht zwischen den Ehepartnern aufzuteilen. Das betrifft nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung, sondern auch:
- Beamtenpensionen
- private Rentenversicherungen (auf Rentenbasis, also keine Kapitallebensversicherungen)
- berufsständische Versorgungseinrichtungen
Das Familiengericht fordert bei den jeweiligen Versorgungsträgern Auskünfte über die während der Ehezeit angesammelten Rentenanwartschaften an. Alles, was dort während der Ehezeit eingezahlt wurde, wird dann hälftig geteilt und dem jeweils anderen Partner gutgeschrieben.
Ausnahmen vom Versorgungsausgleich bestehen bei:
- Ehen unter drei Jahren (Durchführung nur auf Antrag)
- Ehepartnern ohne deutsche Staatsbürgerschaft (Durchführung nur auf Antrag)
- vertraglichem Ausschluss durch Ehevertrag oder Scheidungsfolgenvereinbarung
2. Der Zugewinnausgleich: Was passiert mit Vermögen und Investments?
Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet: Jeder Ehepartner behält sein eigenes Vermögen, aber der während der Ehe gemeinsam erwirtschaftete Zugewinn wird im Falle der Scheidung ausgeglichen.
Die Berechnung erfolgt in drei Schritten:
- Anfangsvermögen beider Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung
- Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags
- Differenz = Zugewinn, der jeweils hälftig geteilt wird
Dabei zählen u. a. folgende Werte als Vermögen:
- Bankguthaben und Bargeld
- Immobilien
- Aktien, ETFs, Kryptowährungen
- Fahrzeuge, Luxusgüter
- Unternehmensanteile
- Lebensversicherungen
Erbschaften und Schenkungen während der Ehe bleiben dabei unberücksichtigt.
Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass das gesamte vorhandene Vermögen mit dem Ehepartner geteilt werden muss. Tatsächlich wird ausschließlich der Zugewinn berücksichtigt – also der Vermögenszuwachs während der Ehe.
3. Unterhaltspflichten: Wer zahlt wem Unterhalt – und wie lange?
Neben Renten- und Vermögensausgleich spielen auch Unterhaltsansprüche eine zentrale Rolle. Es gibt mehrere Arten von Unterhalt:
Trennungsunterhalt
Während der Trennung, aber noch vor der Scheidung, kann der finanziell schwächere Ehegatte Trennungsunterhalt verlangen. Dieser soll dazu dienen, den bisherigen Lebensstandard vorübergehend aufrechtzuerhalten. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen beider Partner.
Nachehelicher Unterhalt
Nach der Scheidung besteht ein Unterhaltsanspruch nur unter bestimmten Bedingungen, z. B.:
- bei Kinderbetreuung
- bei Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit
- bei ehebedingten Nachteilen (z. Karriereverzicht)
Der Unterhalt kann begrenzt oder ganz ausgeschlossen werden – z. B. durch Ehevertrag.
Kindesunterhalt
Kinder haben stets Anspruch auf Unterhalt vom Elternteil, bei dem sie nicht wohnen. Die Höhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle, die Einkommen und Alter des Kindes berücksichtigt. Solange das Kind noch nicht volljährig ist, ist der Unterhalt an den betreuenden Elternteil zu zahlen.
4. Ehevertrag: Frühzeitig vorsorgen statt später streiten
Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit, individuelle Regelungen für den Fall einer Scheidung festzulegen. Er kann vor oder während der Ehe, aber auch noch nach der Trennung notariell abgeschlossen werden.

Folgende Aspekte lassen sich im Ehevertrag regeln:
- Ausschluss oder Modifikation des Zugewinnausgleichs
- Regelungen zum nachehelichen Unterhalt
- Ausschluss oder Begrenzung des Versorgungsausgleichs
- Vermögensverteilung bei Trennung
- Gütertrennung als Alternative
Ein Ehevertrag ermöglicht es, frühzeitig klare und faire Regelungen zu treffen – in einer Phase, in der sich beide Ehepartner noch einig sind. Wird er erst im Konfliktfall ausgehandelt, sind die Fronten oft bereits verhärtet.
5. Praxistipp: Vermögen trennen, Streit vermeiden
Besonders bei Investments wie Aktien, ETFs oder Kryptowährungen empfiehlt es sich, diese nicht in gemeinsamen Depots zu führen. So bleibt im Streitfall klar, wem welche Vermögenswerte gehören.
Außerdem können im Ehevertrag einzelne Vermögenswerte explizit vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden, z. B. bestimmte Depots, ein Unternehmen oder geerbtes Vermögen.
Klare Regeln sorgen für finanzielle Sicherheit
Die finanziellen Folgen einer Scheidung sind vielfältig, von Rentenansprüchen über Vermögensausgleich bis hin zu Unterhaltszahlungen. Wer sich mit diesen Themen rechtzeitig befasst, schützt sich selbst und beugt unnötigem Streit vor. Ein Ehevertrag ist dabei kein Zeichen von Misstrauen, sondern ein Instrument der Fairness und Klarheit. Denn: Wer in guten Zeiten vorsorgt, hat in schwierigen Zeiten weniger zu verlieren.
Der Autor
Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Niklas Clamann, der eine auf das Familienrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei betreibt und dabei stets versucht, die Scheidungskosten für seine Mandanten so gering wie möglich zu halten.

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