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Streit wegen Geld – Wie gelingt die Kommunikation rund um Finanzen in der Partnerschaft?

Streit wegen Geld
Gastbeitrag von Carolyn Litzbarski

Das liebe Geld – Finanzen in der Partnerschaft sind ein (un)beliebtes Thema. Im Internet wimmelt es von Lösungsansätzen, von unterschiedlichen Konten-Modellen, von Herangehensweisen und best practice für jedes Paar.

Viele Tipps klingen in der Theorie gut und schön, sie klingen gerecht, sie klingen praktisch und umsetzbar.

Erst einmal: Finanzen in der Partnerschaft sind ein wichtiges Thema, denn ob man jetzt eine Ehe eingeht, oder ohne Trauschein in einer Paarbeziehung zusammenlebt – aus der Partnerschaft entwächst eine Einstandsgemeinschaft. Wir reden hier nicht mehr nur von Romantik, sondern von wechselseitigem Geben und Nehmen, füreinander einstehen. Was durchaus auch sehr romantisch sein kann, oder etwa nicht?

Wenn es ums Geld geht, ist die Romantik vorbei!

Vielleicht beginnt die Beziehung aber auch erst dann richtig, wenn das liebe Geld zum Thema gemacht wird. Dabei ist es wünschenswert, dass es dabei nicht zum Streit kommt. Denn der killt dann die Romantik auf jeden Fall!

Wie werden Finanzen in der Partnerschaft denn zum Streitthema?

Es könnte doch so einfach sein. Wir sind in einer Partnerschaft, wir geben und nehmen wechselseitig und stehen füreinander ein. Aber halt! So einfach ist es nicht.

Neben den vielen Vorschlägen, wie Paare die Finanzen regeln, gibt es immer wieder Unstimmigkeiten, wenn nicht sogar Streit. Klassische Fragen sind:

  • Wie werden die Kosten der Lebensführung fair aufgeteilt?
  • Wie wird die Care-Arbeit honoriert?
  • Was passiert mit eventuellen Rentenlücken durch Care-Arbeit/Rücken freihalten etc.?
  • Wieviel darf was kosten?
  • Etc.

Zuallererst: es gibt keine Universal-Lösungen. So wie Paare unterschiedlich sind, fallen die Lösungen aus.

Denn, was ist schon eine „faire“ oder gar eine „gerechte“ Kostenaufteilung?

Sprechen wir hier von einer Form der Verteilungsgerechtigkeit (jeder gleich viel), oder von Bedarfsgerechtigkeit (jeder, was er kann/was er braucht)?

Welche Werte fließen wie mit ein und wie werden sie gewichtet?

Wie wird „Rücken freihalten“, Care-Arbeit, Haushalt… monetarisiert? Wie gegengerechnet mit einem Vollzeitjob mit Gehalt X?

Fragen über Fragen…

Genau in diesen Punkten liegt dann schon die Brisanz: wie können wir denn auf der Sachebene eine Lösung finden, wenn so schwammige Begriffe wie Gerechtigkeit oder Fairness mitspielen? Aspekte, die für jeden unterschiedlich wichtig sind und die eine unterschiedliche Bedeutung einnehmen.

Solltest du bei dem Thema Finanzen in der Partnerschaft keine Einigung erzielen, dann kann es sein, dass es hier um viel mehr geht. Es geht dann nicht mehr um ein Finanzthema, es geht um Werte, Befürchtungen, Ängste.

Und damit herzlich willkommen in den tieferen Bedeutungsebenen.

Was heißt Bedeutungsebenen?

Wir Menschen haben unsere eigene, individuelle Sicht der Dinge. Wir messen den Dingen somit unterschiedliche Bedeutung bei. Wenn jemand auf der Straße nicht grüßt, dann hat das für dich eine ganz andere Bedeutung als für mich. Wenn dir jemand eine kritische Rückmeldung gibt, dann hat das eine andere Bedeutung für dich als für mich.

Bestimmte Themen sind für uns mit viel Bedeutung angereichert. Schau dir einmal nur das Thema „Geld“ an. Wieviel verbindest du damit? Welche Glaubenssätze oder auch Bedürfnisse sind damit verknüpft? Was heißt denn „Geld“ für dich?

Wenn ein Konflikt über das Thema „Finanzen“ entsteht, dann können wir davon ausgehen, dass tiefere Bedeutungsebenen eine Rolle spielen.

Dieses Prinzip gilt nicht nur für das Thema Finanzen, sondern betrifft auch andere Themen: Streit um die Kindererziehung, die Frage nach „Hochzeit oder nicht“. Und so vieles mehr.

Wir können davon ausgehen: wenn ein Konflikt sich auf der Sachebene nicht klären lässt, ist ein Blick auf die tieferen Bedeutungsebenen wertvoll. Und genau auf diesen Ebenen sollte dann die Kommunikation stattfinden.

Beispiel: Er will kein Gemeinschaftskonto, nachdem sie die gemeinsame Wohnung bezogen hatten

Hier ein kleines Beispiel. Er und sie ziehen nach 2 Jahren Paarbeziehung zusammen. Sie hat die Idee, nun ein Gemeinschaftskonto für die gemeinsame Lebensführung einzurichten. Er ist damit nicht glücklich und vermeidet das Thema, verschiebt es auf „später mal“.

Aus ihrer Sicht war das Gemeinschaftskonto eine faire Lösung, um Fixkosten gerecht zu teilen. Nun fragt sie sich: warum sperrt er sich gegen dieses Konto, dass es doch eigentlich leichter machen soll und das vor allem verhindern soll, dass irgendwann ein Streit entsteht? (Nach dem Motto: „Ich zahle viel mehr für Lebensmittel als du!“)

Sie war verwirrt und enttäuscht, vor allem gefiel ihr die Art der Vermeidung nicht. Wenn es so schon anfängt, wenn schon keine Einigung zu einem Gemeinschaftskonto stattfinden kann, wie sieht das dann in der Zukunft aus?

An dieser Stelle könnten wir jetzt das Thema Gemeinschaftskonto auch ersetzen mit der Frage: Hochzeit oder nicht? Oder Kindererziehung so oder so. Wir ahnen schon: es geht hier tiefer, es geht um mehr als das Gemeinschaftskonto.

Vom Konflikt in die Lösung – ein Bild

Wir kommen wir nun vom Konflikt in die Lösung? Am besten noch zu einer Lösung, in der sich beide Parteien auch gesehen fühlen? Dazu müssen wir tiefer tauchen.

Gehen wir davon aus, dass ein Konflikt über die Sache X auf einer oberen Ebene entsteht. Genau auf dieser Ebene kann aktuell keine Einigung erzielt werden. Wir müssen dafür tiefer tauchen.

Stell dir dabei vor, wie eine Taucherin unter die Oberfläche zu sinken. Stück für Stück verlässt du das eigentliche Thema, sinkst herab, gehst tiefer und tiefer. Unten am Grund wartet der Schatz auch dich/euch: das Geschenk der Empathie. Das Gefühl, den anderen plötzlich viel besser verstehen zu können und – noch viel besser – selbst auch verstanden zu werden. Das Gefühl von einer tiefen Verbindung, aus der heraus dann eine Lösung geschaffen werden kann.

Das Modell in der Anwendung am Beispiel: Gemeinschaftskonto

An dem genannten Praxisbeispiel zeige ich nun, wie du oder ihr in ein Thema eintauchen könnt, um darüber Verständigung zu erzielen. Du kannst diese Übung für dich allein machen, und dabei deine eigenen Bedeutungsebenen entschlüsseln. Das kann bereits helfen, neu in den Dialog mit dem Partner, der Partnerin zu gehen.

Die Schlüsselfrage ist: „Was bedeutet das für dich?“

Thema: Gemeinschaftskonto

Sie:

  • Was bedeutet das Gemeinschaftskonto für dich?
    Es bedeutet eine faire Lösung für die gemeinsame Lebensführung. Es bedeutet, dass diese Kosten 50/50 geteilt werden.
  • Was bedeutet es, wenn die Kosten gerecht geteilt werden?
    Es bedeutet, dass kein Streit entstehen kann, wer mehr für Lebensmittel etc. zahlt
  • Was bedeutet es für dich, wenn darüber kein Streit entstehen kann?
    Das bedeutet für mich, dass wir in diesem Punkt unsere Beziehung nicht gefährden
  • Was bedeutet es für dich, diesen Gefährdungspunkt nicht zu haben?
    Es bedeutet für mich, von früh an den Weg zu ebnen für eine glückliche Partnerschaft.

Wird auf der Sachebene, der oberen Ebene das Gemeinschaftskonto/die Hochzeit/der Ehevertrag abgelehnt, wirkt dies tief auf der unteren Bedeutungsebene.

Ein Nein zum Gemeinschaftskonto ist ein Risiko, es wird wie ein Hindernis für eine gelingende Partnerschaft. Es ist also nachvollziehbar, FÜR ein „Gemeinschaftskonto“ zu kämpfen.

Thema: Gemeinschaftskonto

Er:

  • Was bedeutet ein Gemeinschaftskonto für dich?
    Es bedeutet für mich ein Risiko, weil mein Name in einem Konto steht, auf welches eine andere Person Zugriff hat.
  • Was bedeutet das für dich, wenn eine andere Person Zugriff auf ein Konto hat?
    Es erinnert mich an die Situation mit meiner Ex-Frau, mit der ich ein gemeinsames Konto hatte. Sie hat im Kaufrausch Schulden angehäuft, für die ich dann haftbar gemacht wurde.
  • Wie ist das für dich, dich an diese Situation zu erinnern? Was bedeutet diese Erinnerung für dich?
    Es war für mich traumatisch, die Bürokratie, den Kampf mit den Banken. Ich war ausgeliefert und hilflos. Es war existenzbedrohend.
  • Was bedeutet diese Erinnerung für dich, wenn es im Hier und Jetzt um ein Gemeinschaftskonto geht?
    Ich erinnere mich an diese Kämpfe, an die Hilfslosigkeit. Ich möchte dies so nicht mehr erleben!

Ein Gemeinschaftskonto ist für den Partner eng verknüpft mit der Erinnerung an die vergangene Ehe mit einer psychisch kranken Frau. Er denkt an seine Schwierigkeit, sich nach drei Jahren in Deutschland mit Banken und Anwälten auseinandersetzen zu müssen. Er denkt an den Berg Schulden, für die er mithaften müssten. Es ist also nachvollziehbar, GEGEN ein „Gemeinschaftskonto“ zu kämpfen.

Wie lässt sich eine Lösung finden?

Wenn wir auf die tiefere Ebene gehen, erfahren wir, warum ein Thema für uns, aber auch für den anderen so brisant ist und warum wir keine Einigung erzielen können.

Es ist schon viel erreicht, wenn du oder ihr euch damit auseinandersetzt, worum es euch denn eigentlich geht. Wenn es euch als Paar gelingt, auf den tieferen Ebenen zu kommunizieren, geschieht Erstaunliches. Plötzlich könnt ihr beide verstehen, warum der eine ein Thema so verteidigt oder abwehrt, wie er oder sie es tut. Plötzlich ist Empathie da. Wenn du also mit dem Thema Finanzen in der Partnerschaft gerade zu keiner Lösung kommst, dann nutze das Modell.

So ging es für das Paar im Beispiel aus:

Er konnte sie sehen in ihrem Wunsch, Streit über Lebensmitteleinkäufe zu vermeiden. Sie sieht ihn in mit seiner Vergangenheit und seinen Erinnerungen an das letzte Gemeinschaftskonto.

An dieser Stelle wird auch deutlich, worum es geht. Es geht beiden nicht um ein Gemeinschaftskonto. Auf dieser Basis lassen sich Lösungen finden.

So entschied sich dieses Paar vorerst gegen ein Gemeinschaftskonto, teilte Fixkosten auf die jeweiligen Konten um und legte eine Barkasse an für die Einkäufe. Das Thema Gemeinschaftskonto wurde vertagt und wird in Zukunft besprochen. Auch im Hinblick auf die dann aktuellen Bedeutungsebenen.

Die Autorin

Carolyn LitzbarskiCarolyn Litzbarski unterstützt als Beziehungscoach Menschen dabei, gesunde und zufriedenstelle Beziehungen zu führen. Dabei legt sie vor allem Wert auf Kommunikation und wie diese eingesetzt werden kann. Für tiefe Verbindung und gegen Missverständnisse.

Mehr Infos unter www.litzbarski-coaching.de.

Streit wegen Geld

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